Barfußpark Egestorf
Zielsicher haben wir uns den, gefühlt, regnerischsten Tag des Monats für unseren Ausflug in den Barfußpark ausgesucht. Absagen wollten wir aber auch nicht. Schließlich war alles lange geplant und unsere Führung durch den Park gebucht.
Trotz Kälte und Regen machten sich also 7 Familien auf den Weg nach Egestorf, südlich von Hamburg. Die Fahrt dauert im Normalfall etwa 45 Minuten und wir lagen gut in der Zeit. Kurz nach Erreichen der Autobahn stand der Verkehr plötzlich still. Vollsperrung der Autobahn und alle Fahrzeuge mussten runter geleitet werden. Außer mir betraf es noch 2 weitere Familien, die hinter mir im Verkehr fest saßen. Der Rest konnte rechtzeitig gewarnt werden oder fuhr von vorn herein eine andere Strecke.
Whats App sei Dank blieben wir in ständigen Kontakt und nachdem klar wurde, dass zumindest wir 3 gestrandeten Familien es nicht schaffen würden, machten sich die glücklich angekommenen 4 Familien auf den Weg durch den Barfußpark. 2 Davon, erzählen nachfolgend Ihre Erlebnisse und Eindrücke.
Familie Dörner:
Nach anfänglichem Zögern machten wir uns am Sonntagmorgen um 9Uhr auf den Weg nach Egestorf. (Was alleine schon eine Herausforderung und Überwindung ist) Bestückt mit gepackten Picknick Boxen, kurzen Hosen an (sehr sinnvoll), Handtücher und Wechselklamotten eingepackt, war das Auto voll aber der Himmel verhangen und verhieß nichts Gutes. Wollten wir uns das wirklich antun?
Dazu unser Sohn Bernhard, blind, aber doch gut sehend. Doch die Herausforderung an ihm war besonders groß. Er hat eine Spastik in den Beinen und deshalb seit ca. 4 Jahren eine 24h Dauerversorgung mit Orthesen, d.h. eigentlich kommen seine Füße gar nicht mehr mit irgendetwas in Kontakt außer seinen Orthesen, bzw. wenn Mutter ihn mal wieder zwingt nackt im Garten zu sein. Sein Laufen klappt sehr gut, aber eben mit den Orthesen...
Dort angekommen, hieß es gleich Schuhe aus, einschließen und los ging es: eine Schräge rückwärts runter, über die kaltes Wasser lief und das bei Außentemperaturen von ca. 16 Grad. Können wir bitte umdrehen???
Aber das war erst der Anfang, denn es folgten Wasserbecken, Sandbecken, Lehm-, Modder- und Dung Becken. Dazwischen verschiedenste Kies, Holz, Stein, Salz, Scherbenböden. Da war der eigentliche Weg: Naturboden, doch immer wieder eine Wohltat und sehr erholsam. Einfach gehen ohne Aufmerksam sein.
Nach sehr kurzer Zeit gewöhnten sich die Füße an das neue / alte Gefühl barfuß zu sein und es machte sehr viel Spaß alles auszuprobieren und zu beobachten wie man selbst und die anderen auf die ungewohnten Reize reagierten. Bernhard hat die zwei Stunden gut mitgemacht, aber am Ende merkte man schon, dass es ihm doch zu viel wurde. Das viele ungestützte Laufen strengte ihn sehr an und die vielen (neuen) Reize an seinen Füßen nervten ihn sehr. Trotzdem fanden wir es einen gelungen Ausflug, den wir gerne (bei besserem Wetter) noch mal wiederholen würden, denn aufgrund des schlechten Wetter und unserer „Langsamkeit“, haben wir nur einen kleinen Teil des großen Parks gesehen,bzw. erlaufen.
Indira (12):
Am Anfang erwartete uns eine Frau. Sie führte uns durch den Park. Wir durften am Anfang rückwärts über eine nasse Fläche laufen. Danach erwartete uns eiskaltes Wasser, das mir bis zu den Knien reichte.
Als nächstes sind wir über verschiedene steinige Oberflächen gelaufen, die ganz kleinen Kieselsteine haben ganz schön gepiekt! Der Weg führte uns über Glasbruch (blaues Spezialglas aus Italien, extra angefertigt) hin zum Salzineum. Dort waren überall Salzkristalle: An den Wänden, auf den Boden und auch in der Luft, da durch ein Gebläse trockene salzige Luft eingeblasen wurde. Beim Einatmen wurde der Hals ganz trocken und der Geschmack war salzig. Nun regnete es so doll, dass wir im Salzineum ein Spiel machten. Es gab zwei Stöcke, die reihum im Kreis von Fuß zu Fuß weitergegeben wurden. Da der Regen noch nicht aufhören wollte, gingen wir in ein Tipi. Dort gab es noch ein Spiel. Wir setzten uns im Kreis auf liegende Baumstämme und versuchten mit den Füßen, Kiefernzapfen in die “Feuerstelle” zu schießen. Dann gab es ein Spiel zum Fühlen. In einem Beutel waren mehrere Sachen zu Ertasten. Ich habe sie alle richtig erfühlt! Endlich war der Regen vorbei und wir gingen weiter zu den “Schlammstellen”. Als ersten liefen wir im Lehm, um dann die Füße mit Mulch zu panieren und dann die Füße zu verzieren. Die nächsten Stationen waren Schlick und Torf, sowie Bucheckern, die sehr unangenehm waren. Schön war auch der “Weg des Vertrauens” wo einer von zwei Leuten die Augen schloss und sich führen ließ. Am Endedes Weges lauschten wir alle der Windharfe.
Mir hat der Auslug sehr gut gefallen, weil der Parcours sehr abwechslungsreich war und die Frau, die uns begleitet hat, tolle Ideen für die Spiele hatte.
Nach 4 Stunden Fahrt, hatten 2 wir und eine weitere Familie den Barfußpark erreicht. Die Führung war mittlerweile beendet und unsere Gruppe dabei, sich die Füße zu säubern. Wir hatten alles verpasst.
Ich hatte das Glück, dass Lennox Kumpel, Timo, ihn ebenso sehnsüchtig erwartet hatte wie umgekehrt und seine Eltern überzeugen konnte, trotz der kalten Füße, eine weitere Runde durch den Park zu drehen. Wir machten uns also auch auf durch eiskaltes Wasser, über Tannenzweige, Scherben, Schlamm, Torf, Kopfsteinplaster und sämtlichen anderen Bodenbeschaffenheiten. Eine Herausforderung für jede Fußsohle.
Wiederkehrende Auforderungen doch mal zu hüpfen oder mich im Hopsalauf durch die verschiedenen Bereiche zu bewegen, habe ich konsequent ignoriert! Der feuchte, weiche Waldboden zwischendurch war jedes Mal eine willkommene Wohltat.
Neben verschieden Klangspielen gab es dort ein Salzhaus. Dieses Haus besteht innen nahezu komplett aus Salz und wird zusätzlich mit Salzhaltiger Luft berieselt. Man kann dadurch im gesamten Haus eine weiße pulverige Schicht auf den Ablagen an den Seitenwänden vorfinden und das Haus ist, zumindest kurz nach Parköffnung, schneeweiß. Die Salzsteine/ Kristalle am Boden sind eine wirkliche Herausforderung für die Füße gewesen. Man hatte jedoch die Möglichkeit von einzelnen, beleuchteten Platten zu Platte zu hüpfen.Atmete man mit geöffnetem Mund, konnte man deutlich das Salz im Mund schmecken. Auch die Kinder nahmen das natürlich wahr. Lennox Highlight bestand darin, dass in dem Haus einzelne Durchgänge, Boden und Wandbelege mit farbwechselnden LED`s ausgestattet waren, weshalb wir, trotz Widerspruch der Füße, das Haus ein weiteres Mal durchlaufen mussten.
Direkt neben dem Salzhaus gab es Riechund Tastkästen, sowie einen Kräutergarten, wo man etliche Pflanzen betrachten, ertasten und beschnuppern konnte. Es war interessant zu sehen, wie die Kinder die Gerüche interpretierten. So roch es für den einen ausschließlich nach Gummibärchen und für den anderen nach Tee (Fenchel, Pfeferminze) oder Kuchen (Zimt).
Weiter auf dem Weg wurden immer wieder Stationen zum Mitmachen angeboten. So probierten wir Balancierstrecken, Kugelspiele, Hörrohre und immer wieder wechselnde Untergründe aus, so dass die Zeit wie im Flug verging. Der Kleinste im Bunde war sogar so begeistert, dass er sich komplett in die Becken stürzte.
Wieder am Startpunkt angekommen war es eine Wohltat die Füße zu säubern und endlich in warme, weiche Socken und Schuhe zu schlüpfen.
Trotzdem unsere Gruppe auseinandergerissen wurde und wir den Park in Etappen durchlaufen haben, war es dennoch ein schöner Ausflug und eine tolle Erfahrung.
Der Barfußpark in Egestorf ist auf jeden Fall einen Besuch wert.
Alex Koch