Verena Bentele zu Besuch beim BEBSK
Der Kontakt zu Verena Bentele wurde durch unseren 1. Vorsitzenden Jörg van Melle hergestellt und innerhalb kürzester Zeit stand fest: Sie kommt! Die Freude, aber auch die Aufregung war groß, schließlich begegnet man ja nicht jeden Tag einer so herausragenden Sportlerin, ganz unabhängig von der Blindheit, die dazu inzwischen auch noch den wichtigen Posten der Bundesbehindertenbeauftragten bekommen hatte.
Dementsprechend voll war der Vortragsraum und alle hingen gespannt an Verena Benteles Lippen. Ich hatte Frau Bentele eine Woche vorher bereits auf dem Verbandstag des DBSV in eben dieser Funktion erlebt und war gespannt, wie sie auf die Kinder und Eltern wirken würde und mit diesen umgehen würde. Vom ersten Moment an nahm Verena Bentele die Zuhörer, die Großen und die Kleinen, gefangen. Sie begeisterte mit ihrer erfrischenden, eloquenten Art, in der sie über ihr Leben als blindes Kind, Jugendliche und ihre Sportlerkarriere berichtete.
Sie erzählte freimütig über ihre Kindheit und ließ das ein oder andere Anekdötchen, das ihr ihre Mutter in Vorbereitung auf unser Seminar noch einmal ganz frisch mitgegeben hatte, zum Besten. Mutter Bentele, die wir auch eingeladen hatten, die aber leider nicht kommen konnte, hatte ihre Tochter bestens instruiert. So sparte Verena Bentele auch nicht mit Hinweisen, dass es wichtig sei, den blinden und sehbehinderten Kindern mehr zuzutrauen und erzählte wie ihre Eltern mit ihrer Behinderung umgegangen waren. Man bekam sehr schnell den Eindruck, dass sie in einer Umgebung aufgewachsen war, in der ihr und ihren Brüdern, wovon einer ebenfalls blind ist, viel zugetraut wurde, wo sie sich austesten konnten, aber wo sie auch Pflichten hatten. So wurden sie auch immer im Haushalt mit eingebunden. Nicht jeder dieser Pflichten lag Verena, aber sie glaubt, dass gerade diese Pflichten dazu beigetragen haben, dass sie gute lebenspraktischen Fertigkeiten und ein hohes Maß an Selbständigkeit erworben hat.
Sie erzählte von ihren diversen „Unfällen“, die dadurch entstanden, dass ihre Eltern sie vieles gemeinsam mit ihren Brüdern ausprobieren ließen, die sie aber in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt hätten. Für die Eltern mit kleineren Kindern war es sehr ermutigend zu hören, dass Kinder an diesen kleinen Zusammenstößen wachsen und man sie nicht in Watte packen muss. Sie berichtete von ihrer Sportlerkarriere, von ihrer Zeit im Internat, aber auch von ihrer neuen Aufgabe als Behindertenbeauftragte. Hier interessierte gerade auch die Eltern, wie ihre Einstellung zur Inklusion sei, da sie selber Förderschulen besucht hatte. Für die Eltern war es wichtig zu hören, dass sie dieser Angelegenheit ein besonderes Augenmerk widmen will, da sie die Inklusion zwar grundsätzlich für die richtige Zielrichtung der Bildungspolitik hält, ihr aber sehr wohl bewusst ist, dass zur Zeit viele Standards, die in den Förderschulen gegeben sind, in der Inklusion noch nicht erreicht sind. Im Anschluss an ihren Vortrag wurden noch Fragen beantwortet und danach ließ sie, für die Sport ein Lebensgefühl ist, es sich nicht nehmen, beim Judokurs der Kinder vorbeizuschauen, um sich genau erklären zu lassen, was mit den Kindern gemacht wurde.
Die Zeit mit Verena Bentele war leider viel zu schnell vorbei. Mit ihr hätte man auch einen ganzen Tag füllen können, ohne dass es langweilig geworden wäre. Sowohl ihre privaten Erfahrungen, ihr Sportlerleben, aber auch ihre jetzige Aufgabe als Behindertenbeauftragte hätten noch genug Stoff für weitere interessante Gespräche gegeben. Aber leider riefen die Pflichten.
Wir freuen uns, dass wir die Möglichkeit hatten, sie kennenzulernen, dass sie sich die Zeit genommen hat, trotz ihrer vielen politischen Verpflichtungen und dass man zu keiner Zeit das Gefühl hatte, dass sie auf dem Sprung war. Es war schön zu sehen, dass ihr die Begegnung und die Gespräche mit Eltern blinder und sehbehinderter Kinder wichtig genug war, um ihre politischen Pflichten für einige Zeit zu unterbrechen.
Ein Bericht von Marion Böttcher